Streubomben-Monitor 2021
30% mehr Opfer in 3 Jahren
Der am 15. September veröffentlichte Streubomben-Monitor 2021 zeigt, dass die Zahl der von Streumunition Getöteten oder Verletzten das dritte Jahr in Folge steigt. Der Monitor hat für das Jahr 2020 weltweit mindestens 360 Opfer dieser Waffe registriert, verglichen mit 317 im Jahr 2019 und 277 im Jahr 2018.
Salam verlor in Syrien durch eine Streubombe ihr Bein. Von Handicap International erhält sie Prothesen. | © S.Khlaifat / HI
Das ist ein Anstieg um 30 Prozent in drei Jahren. Dieser Anstieg ist vor allem auf neue Angriffe mit Streumunition während des Konflikts zwischen Armenien und Aserbaidschan im Oktober 2020 zurückzuführen. Die diesjährige Konferenz der Mitgliedsstaaten der Oslo-Konvention findet am 20. und 21. September statt. Diese Konvention verbietet den Mitgliedern den Einsatz, die Herstellung, die Lagerung und den Transfer von Streumunition. Die Hilfsorganisation Handicap International (HI) appelliert an alle Staaten, die noch nicht Vertragsparteien sind, dieser Leben rettenden Konvention beizutreten.
Der Streubomben-Monitor 2021 bewertet die Umsetzung der Oslo-Konvention für das Kalenderjahr 2020. Nach Möglichkeit wurden Informationen bis August 2021 mit einbezogen. Bis heute sind 110 Staaten der Konvention beigetreten. Der Streubomben-Monitor wird von Expert*innen der Internationalen Koalition gegen Streubomben CMC (Cluster Munition Coalition) auf Grundlage weltweit erhobener Fakten erstellt. Handicap International ist Gründungsmitglied der CMC und im Redaktionsteam des Monitors. Insbesondere der Einsatz von Streumunition während des Konflikts in Berg-Karabach im Oktober 2020 haben einen erneuten internationalen Aufschrei gegen die Verwendung dieser barbarischen Waffe ausgelöst.
Opfer ausschließlich aus Zivilbevölkerung
Dr. Eva Maria Fischer, Leiterin der politischen Abteilung von Handicap International Deutschland:
„Die Auswirkungen von Streumunition sind entsetzlich, insbesondere, wenn diese Waffen in Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte eingesetzt werden. Alle Menschen, die im letzten Jahr durch Streumunition getötet oder verletzt wurden, stammen aus der Zivilbevölkerung. Streubomben treffen Menschen nicht nur bei ihrem direkten Einsatz, sondern auch noch Jahre danach: Nicht explodierte Munition bleibt lange Zeit eine tödliche Bedrohung für das Leben von Zivilist*innen. Der internationale Aufschrei gegen den Einsatz dieser Waffen - wie während des Konflikts in Berg-Karabach - unterstreicht die Tatsache, dass der Streubomben-Verbotsvertrag zu einer eindeutigen internationalen Norm geworden ist".
Die wichtigsten Erkenntnisse des Monitors 2021:
- Der Monitor verzeichnete im Jahr 2020 weltweit 360 neue Opfer von Streumunition, die entweder durch Angriffe mit diesen Waffen (142 Opfer) oder durch Überreste von Streumunition (218) verursacht wurden. Das ist ein Anstieg um 30 % innerhalb von drei Jahren (im Vergleich zu 317 Opfern im Jahr 2019 und 277 im Jahr 2018). Die Dunkelziffer ist aber wahrscheinlich viel höher.
- Hauptursache für diesen Anstieg ist der Einsatz von Streumunition im Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien um Berg-Karabach im Oktober 2020. Mindestens 107 Menschen wurden bei diesen Angriffen getötet oder verletzt.
- Die Hälfte aller Opfer im Jahr 2020 wurde in Syrien verzeichnet (182), sowohl durch explosive Kriegsreste als auch durch Angriffe. Syrien ist das einzige Land, in dem diese Waffen seit 2012 regelmäßig eingesetzt werden.
- Alle Opfer, deren Status im Jahr 2020 erfasst wurde, stammen aus der Zivilbevölkerung. 44% davon sind Kinder.
- Von den insgesamt 360 Getöteten und Verletzten im Jahr 2020 fielen 218 Menschen Blindgängern zum Opfer (60 %): Die Fälle wurden aus 7 Ländern gemeldet, die wichtigsten davon sind: Syrien (147), Irak (31) und Südsudan (16). Bis zu 40% der Submunitionen explodieren beim Aufprall nicht und hinterlassen Überreste, die eine permanente Bedrohung für die lokale Bevölkerung darstellen.
- Seit dem Inkrafttreten des Oslo-Abkommens am 1. August 2010 haben 36 Vertragsstaaten 1,5 Millionen Streumunitionsbestände, d. h. insgesamt 178 Millionen Submunitionen, vernichtet. Dies entspricht 99 % aller von den Vertragsstaaten gemeldeter Streumunition. Auch Deutschland hat bis 2015 seine großen Bestände dieser Waffen im Rahmen dieses Vertrags vernichtet.
- Insgesamt sind weltweit noch 26 Staaten und drei Regionen mit Submunitionsresten verseucht.
Streubomben sind Waffen, die mehrere hundert Minibomben enthalten, die als Submunitionen bezeichnet werden. Sie sind so konzipiert, dass sie über große Flächen verstreut werden und deshalb nie ausschließlich militärische Ziele treffen. Bis zu 40 Prozent der Submunitionen explodieren nicht beim Aufprall. Wie Antipersonen-Minen können sie durch den geringsten Kontakt ausgelöst werden. So töten und verstümmeln sie Menschen während und nach Konflikten.
Hier finden Sie ein Faktenblatt und die wichtigsten Erkenntnisse des Monitors auf Deutsch.