Co-Preisträgerin Friedensnobelpreis

Afisas Geschichte: Von Bomben verfolgt

Afisa wohnt mit ihrer Familie im Erdgeschoss eines kleinen Gebäudes. Alle leben in einem einzigen Raum zusammen. Sie ist 55 Jahre alt. Sie hat neun Kinder und acht Enkelkinder, doch nur zwei Söhne sind mit ihr im Libanon.

Afisa und ihr behinderter Sohn aus Syrien.

Afisa und ihr behinderter Sohn aus Syrien. Sie verbergen ihre Gesichter, um nicht erkannt zu werden. | © Benoit Almeras / Handicap International

Ihr jüngster Sohn ist 18 Jahre und liegt auf dem Bett. „Er hat sich die Beine und den Rücken bei einem Unfall im Libanon gebrochen“, erzählt sie. Ihr anderer Sohn, 26 Jahre, wurde angeschossen. Er ist seitdem gelähmt – „aber er hat überlebt“, sagt sie.

Gott behütete uns

Wir lebten in D., südlich von Damaskus. Mein Mann war staatlicher Angestellter beim Flughafen. Ich habe mit Kindern gearbeitet und manchmal auf dem Bauernhof ausgeholfen. Gott behütete unser Haus und wir lebten in Sicherheit. 

Ganz plötzlich ging alles los. Es waren Panzer in den Straßen, Bombardierungen, Schüsse und Kämpfe überall. Eine bewaffnete Gruppe drang in unsere Stadt ein. Hunderte von Menschen wurden getötet. Wir rannten aus dem Haus. Gott allein hat meine Kinder gerettet.

Alles blieb zurück 

Eines Nachts wurden die Bombenangriffe und der Beschuss sehr intensiv. Mein Mann und ich beschlossen, dass es an der Zeit wäre, zu fliehen. Einige der Kinder schliefen trotz des Lärms noch. Ich weckte meine Tochter. Innerhalb von zehn Minuten waren wir draußen. Wir packten nur wenige Dinge ein. Ich wollte nicht viel mitnehmen. Ich dachte, wir wären in ein paar Tagen zurück, sobald alles vorüber wäre. Ich nahm ein paar Kochtöpfe mit – Frauen denken sehr praktisch. Alles andere ließen wir da. All unsere Möbel. Wir hatten eine nagelneue Waschmaschine. Wir hatten schöne, neue Kleider. Aber die wollte ich nicht ruinieren, also zogen wir nur alte Sachen an. Wir verließen unser Haus und zogen die Tür hinter uns nur zu. Wir schlossen nicht mal ab. Wozu? Das einzige, was mir in dem Moment wichtig war, war die Sicherheit meiner Kinder und Enkel. Es gab nichts Wertvolleres. 

Von den Bomben verfolgt

Wir hatten ein kleines Auto, in das wir uns alle reinquetschten. Wir ließen die Bombenangriffe hinter uns. Es war beängstigend, aber wir waren erleichtert, als wir den Bomben den Rücken zukehrten. Dieses Gefühl hielt leider nicht lange an. Überall folgten uns die Bomben, bis wir den Libanon erreichten.

Wir fuhren nach KA., eine kleine Stadt, die eine Stunde in Richtung Westen entfernt lag. Fünf Tage später fuhren wir zurück zu unserem Haus. Es war schrecklich. Alles war zerstört. Die Wahrheit ist: Wenn ich darüber nachdenke, vermisse ich nichts aus dem Haus. Was ich vermisse, ist der Frieden, den wir hatten. Ich habe meine Kinder noch. Nicht jeder hier hat dieses Glück. Ich bin sehr dankbar, dass Gott in seiner Gnade meine Kinder gerettet hat.

Keinen Ort zum Verstecken

Wir kehrten nach KA. zurück und blieben dort fünf oder sechs Monate. Aber bald begannen die Kämpfe auch dort. Es gab Explosionen auf allen Seiten und sie kamen von überall: Raketen, Bomben, Schießereien, Flugzeuge, Kämpfe zwischen verschiedenen Gruppen in allen Richtungen. Wir waren mittendrin gefangen und wussten nicht, wo wir uns verstecken sollten.

Wir flohen dann in die Stadt Z. und blieben dort etwa ein Jahr. Als es auch dort mit Bombenangriffen und Beschuss losging, mussten wir weiterziehen. Diesmal gingen wir nach KS.

Rettung in letzter Sekunde

Dort wurde mein Sohn verwundet und so mussten wir bleiben. Die Menschen dort hießen Vertriebene willkommen. Fünf Monate später wurde auch KS. bombardiert und wir flohen wieder – gerade noch rechtzeitig. Unser Haus wurde genau in dem Moment getroffen, als wir hinausgingen. Während wir wegrannten sahen wir die Bombe fallen. Dann gingen wir nach A. Aber dort blieben wir nur eine Woche, weil wir hörten, dass es im Libanon einen Arzt gäbe, der unseren Sohn behandeln könne.

Im Libanon

Mein Mann ist krank. Er hat Diabetes und kann nicht arbeiten. Mein Sohn ist Maler, aber er kann hier nicht arbeiten. Er könnte sein eigenes Geschäft aufmachen, doch er hat nicht das notwendige Werkzeug. Ich wünschte, wir könnten alle nach Europa gehen.

Jede Stimme zählt! Helfen Sie uns bei unserem Engagement gegen die Bombardierung der Zivilbevölkerung und unterzeichnen Sie unsere Petition STOP! Bombing Civilians!

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