Co-Preisträger Friedensnobelpreis

Aufklärung über Blindgänger dringend notwendig

Minen und andere Waffen
Ukraine

Russische Raketenangriffe und Artilleriebeschuss in der Ukraine töten und verletzen Zivilist*innen, zerstören Häuser, Krankenhäuser, Schulen, Brücken sowie andere lebenswichtige Infrastruktur. Sie hinterlassen weite Gebiete, die mit Blindgängern verseucht sind. Diese explosiven Kriegsreste können über Jahre hinweg gefährlich bleiben und verzögern den Wiederaufbau. 

Im Vordergrund ein Mädchen auf einem Fahrrad. Im Hintergrund ist eine zerbombte Häuserfront zu sehen.

Vor allem Kinder sind besonders gefährdet - sie verwechseln nicht explodierte Sprengreste häufig mit Spielzeug oder nehmen versehentlich einen Blindgänger in die Hand. | © Till Mayer / HI

Die Hilfsorganisation Handicap International (HI) verurteilt den Einsatz von Minen, Streumunition und die Bombardierung der Zivilbevölkerung. Die Aufklärung der Bevölkerung über die Risiken und die Räumung der unzähligen Blindgänger sind dringend notwendig, so die Organisation, Co-Friedensnobelpreisträgerin für den Kampf gegen Landminen. 

Gerade in der Kriegssituation, in der Menschen auf der Flucht oder in unbekannten Regionen unterwegs sind und die Gefahr durch Minen und Blindgänger noch nicht kennen, ist es dringend notwendig, über die Risiken aufzuklären. Handicap International fordert daher Kampagnen, um das Bewusstsein für die Gefahr von Landminen und anderen explosiven Kriegsresten zu schärfen und zu zeigen, wie sich die Zivilbevölkerung sicher verhalten kann. Zudem erfordern die Folgen der schweren Bombardierungen komplexe, zeitaufwändige und teure Räumungsarbeiten, bevor die Bevölkerung sicher nach Hause zurückkehren und mit dem Wiederaufbau beginnen kann. Diese Räumungsarbeiten sind insbesondere in städtischen oder besiedelten Gebieten aufgrund ihrer Komplexität schwierig. „Die Verseuchung des Landes verhindert auch den Zugang für humanitäre Hilfe und behindert die Versorgung der Menschen in Not“, betont Dr. Eva Maria Fischer, Leiterin der politischen Abteilung von Handicap International Deutschland.

Größte Gefahr durch Explosivwaffen mit großer Reichweite

In Buka, Hostomel, Irpin, Charkiw oder Mariupol stellt die durch die intensiven Bombardierungen und den Einsatz von Minen verursachte Verseuchung eine große Gefahr für Zivilist*innen dar, die in ihre Häuser zurückkehren möchten, sowie für diejenigen, die noch in den Städten ausharren. Der größte Teil der Schäden wird durch den Einsatz von Explosivwaffen mit großer Reichweite, hoher Sprengkraft, ungenauen Trägersystemen oder Systemen, die mehrere Munitionen über ein großes Gebiet abfeuern (Luftangriffe, schwerer Artilleriebeschuss und Mehrfachraketenwerfer), verursacht. Ein beachtlicher Prozentsatz dieser Blindgänger explodiert nicht und kann über Jahrzehnte eine Bedrohung für die Bevölkerung darstellen.

Perfide Mine POM-3

Human Rights Watch berichtet, dass es sich bei der von Russland eingesetzten Mine um einen neu entwickelten Typ namens POM-3 handelt. Sie ist mit einem seismischen Sensor ausgestattet, der eine sich nähernde Person erkennt und daraufhin eine Sprengladung in die Luft schleudert. Die Minen wurden offenbar von Raketen abgefeuert, die von speziell entwickelten Vorrichtungen am Boden abgeschossen wurden. 

„Alle Landminen sind von Natur aus nicht kontrollierbar, aber die POM-3 in besonderem Maße, da sie durch die Anwesenheit von Menschen ausgelöst wird, bevor diese auf sie treten oder über sie stolpern. Ihre Reichweite von 16 Metern und die Durchschlagskraft ihrer Splitter sind speziell auf die Augen, den Hals und die Leistengegend ausgerichtet“, sagt Dr. Eva Maria Fischer, Leiterin der politischen Abteilung von Handicap International Deutschland.

Einsatz verbotener Streumunition

In der Ukraine setzte das russische Militär Streubomben bereits mehrfach gegen die Zivilbevölkerung ein (Stand März 2022). Auch wurde mittlerweile über den Einsatz durch die ukrainische Seite berichtet. Streubomben enthalten mehrere hundert Minibomben, die sich bei einer Explosion über große Flächen verteilen. Sie treffen, verwunden und töten ohne Unterschied Soldat*innen und Zivilist*innen. Bis zu 40 Prozent der Submunitionen explodieren nicht beim Aufprall. Wie Antipersonenminen können sie durch den geringsten Kontakt ausgelöst werden. So töten und verstümmeln sie Menschen während und nach Konflikten.
 

16 Mai 2022
Einsatz weltweit:
Helfen
Sie mit

Lesen sie weiter

Ukraine: "Ich fühle mich wie in einem Gefängnis"
© M.Monier / HI 2024
Nothilfe

Ukraine: "Ich fühle mich wie in einem Gefängnis"

Anatoly und seine Frau Tatyana haben durch den Krieg in der Ukraine alles verloren. Eine Rakete zerstörte ihr Zuhause und verletzte Anatolys Beine so schwer, dass sie amputiert werden mussten. Heute lebt er isoliert in einer kleinen Wohnung und ist vollständig auf die Pflege seiner Frau angewiesen. Doch dank der finanziellen Hilfe von Handicap International (HI) schöpfen sie neue Hoffnung.

Syrien: Mohamed ist vom Krieg gezeichnet
© A. Rahhal / HI
Minen und andere Waffen Rehabilitation und Orthopädie

Syrien: Mohamed ist vom Krieg gezeichnet

Der Krieg in Syrien hat tiefe Narben hinterlassen - in den zerstörten Städten, in den Herzen der Menschen und im jungen Leben von Mohamed. Der 12-Jährige trat vor vier Jahren auf einen Blindgänger und verlor sein Bein. Doch sein Mut und die Hilfe von Handicap International ebneten ihm den Weg zurück ins Leben. Heute kann Mohamed wieder lachen, gehen und mit seinen Freunden spielen.

DR Kongo: Mit einer Prothese zurück ins Leben
© E. N'Sapu / HI
Minen und andere Waffen Nothilfe Rehabilitation und Orthopädie

DR Kongo: Mit einer Prothese zurück ins Leben

Nach einer Explosion in Nord-Kivu verlor Espoir sein Bein und seine Freunde. Anschließend musste er vor der Gewalt in seiner Heimatstadt Kitshanga fliehen. Seine Eltern hat er seitdem nie mehr gesehen. Doch er gibt nicht auf: Dank einer Prothese von Handicap International kann er wieder zur Schule gehen und träumt von einer besseren Zukunft.