Corona in Togo: Obdachlose Kinder leiden besonders
Rund 15.000 Menschen leben nach Angaben des Sozialministeriums von Togo allein in der Hauptstadt Lomé auf der Straße – darunter sind etwa 5.000 Kinder. Meist schlagen sie sich mit Betteln durch, bekommen Essensreste der Restaurants oder gelegentlich einen kleinen Job auf den Märkten. Aufgrund der Einschränkungen und der finanziellen Folgen durch das Coronavirus ist ihre Lage nun aber besonders dramatisch.
Straßenkinder in Lomé, die von HI Mitarbeiter*innen versorgt werden. | HI
Die Kinder finden kaum etwas zu essen, haben keinen Zugang zu fließendem Wasser und sind nicht Teil des Gesundheitssystems. Auch geben Wohlfahrtsverbände keine Essen mehr aus, die Almosenverteilung in Gebetshäusern ist eingestellt. Darüber hinaus vermeidet die Bevölkerung den Kontakt, da die Obdachlosen als potenzielle Überträger der Krankheit gesehen werden. HI-Teams helfen mit Hygienekits und Nahrungsmitteln. Darüber hinaus haben sie zwei Zentren für Gesundheitschecks und psychosoziale Unterstützung eröffnet. Gerade die Kinder sind oft völlig verzweifelt
Die Situation ist ernst
Die Behörden in Togo kümmern sich nicht um die Obdachlosen. Diese bleiben in allen Corona-Gegenmaßnahmen, die in Togo umgesetzt werden, unberücksichtigt. HI hat im Mai über 2.000 Obdachlose in Lomé befragt: 20 Prozent von ihnen weisen eine Behinderung auf; rund ein Drittel sind Kinder. Irene Manterola, Leiterin von HI in Togo, über die Ergebnisse der Studie Diagnose und Schnellanalyse der Auswirkungen der Corona-Krise auf Obdachlose:
„Viele Obdachlose sind Kinder, Menschen mit Behinderung oder junge Frauen mit kleinen Kindern. Die Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus haben sich negativ auf ihre Lebensbedingungen ausgewirkt. Sie haben keinen Zugang mehr zu Spenden, Arbeit, Wasser oder Nahrung. Alles ist für sie verboten oder unzugänglich. Viele leiden an Unterernährung. Die Situation ist äußerst ernst.“
Kinder als Bedrohung
Straßenkinder werden oftmals als Bedrohung wahrgenommen. HI-Mitarbeiter haben mit einer Gruppe von Kindern im Alter von neun bis 15 Jahren gesprochen: „Vor der Ausgangssperre hatten die Kinder in der Nähe eines Postamtes geschlafen und tagsüber gebettelt oder den Kunden im Grand Marché de Lomé geholfen. Doch sie wurden von Sicherheitsbeamten aus dem Postamt gejagt und regelmäßig bei Razzien der Polizei vertrieben. Jetzt schlafen sie auf Platten in einem Kraftwerk. Wir haben Kinder gesehen, die überwältigt sind von Angst und Verzweiflung“, so einer der HI-Mitarbeiter. Und ein weiterer Erfahrungsbericht eines HI-Mitarbeiters aus dem Nordwesten von Lomé:
„Wir haben mit drei Kindern gesprochen, von denen das älteste 12 Jahre alt ist. Die Kinder schlafen auf Baustellen. Normalerweise verdienen sie ein bisschen was, indem sie auf den Märkten Pakete oder Taschen tragen, doch nun sind sie völlig mutlos.“ Die Kinder hätten ihnen erzählt, dass es so schwierig sei, Geld zu verdienen und dass sie oft hungrig schlafen gehen, so der Mitarbeiter.