Krieg in der Ukraine: Komplexe Verletzungen durch Explosivwaffen
Der Krieg in der Ukraine fordert weiterhin unzählige zivile Opfer. Viele von ihnen haben durch den Beschuss mit Explosivwaffen verschiedene Verletzungen gleichzeitig. Unsere Teams helfen dabei, die Verletzten so zu stabilisieren, dass sie in sichere Krankenhäuser verlegt werden können. Außerdem schulen wir ukrainische Reha-Kräfte, wie sie diese schlimmen Kriegsverletzungen behandeln müssen.

Die Zerstörung von zivilen Gebäuden ist eine Katastrophe. Der Wiederaufbau wir viel Zeit benötigen. | © V. de Viguerie/HI
Gaëlle Smith, Spezialistin für Notfallrehabilitation bei Handicap International (HI), erläutert wie wichtig frühzeitige Rehabilitationsmaßnahmen für die Genesung sind:
Welche Art von Patienten haben wir im Osten der Ukraine?
Wir haben eine große Anzahl von Patient*innen mit "Polytraumata", die nicht nur eine Art von Verletzung haben, sondern mehrere Wunden, die durch Sprengstoffexplosionen verursacht wurden.
Bei solchen Explosionen kann zunächst der Druck auf Lunge, Ohren, Augen und Eingeweide einwirken. Die Explosion selbst oder einzelne Granatsplitter können zu Knochenbrüchen und Fleischwunden führen, die manchmal eine Amputation erforderlich machen. Beim Aufprall nach einer Explosion können die Opfer traumatische Hirn- und Wirbelsäulenverletzungen davontragen. Schließlich kommt es zu Verbrennungen der Haut und sogar zu Schäden der Atemwege durch das Einatmen von Rauch, Staub und Chemikalien.
Einer unserer Patienten benötigte eine vollständige Kieferrekonstruktion und konnte seinen Mund nicht mehr öffnen oder schlucken. Er benötigte chirurgische Eingriffe, um seine Atmung zu unterstützen. Außerdem hatte er einige gebrochene Wirbel. Das war eine große Herausforderung, weil die Behandlung von Atemproblemen bei Patient*innen mit instabiler gebrochener Wirbelsäule sehr komplex ist.
Wie hilft HI den Krankenhäusern, auf diese Anforderungen zu reagieren?
Wir schulen Mitarbeitende in Krankenhäusern theoretisch und praktisch in der physischen Rehabilitation mit Schwerpunkt auf kriegsverletzte Patient*innen. In den Krankenhäusern wird oft höchst professionell gearbeitet, aber der Bedarf ist so groß, dass das Personal nicht alles abdecken kann.
Warum brauchen die Patient*innen eine frühe Rehabilitation?
Unser Ziel ist es, Komplikationen auf dem Weg der Genesung zu verhindern. Jede einzelne Verletzung bringt immer eine Reihe von potenziellen Problemen mit sich. Es ist beispielsweise enorm wichtig, dass sich die Menschen nach der Behandlung bewegen. Wenn sie zu lange geschont bleiben, riskieren die Betroffenen Kreislaufprobleme und ihre Gelenke verlieren an Beweglichkeit.
Welche Arten von Komplikationen können auftreten?
Wenn wir über physische Rehabilitation sprechen, müssen wir an den ganzen Körper denken, also nicht nur an Haut und Muskeln, sondern auch an das Nervensystem und die lebenswichtigen Organe. Eines der größten Probleme, die wir sehen, sind Komplikationen bei der Atmung. Wenn Menschen nicht husten und ihre Lungen nicht effektiv reinigen können, besteht die Gefahr einer Lungenentzündung oder eines Atemstillstands, was tödlich sein kann. Ein niedriger Sauerstoffgehalt aufgrund einer schlechten oder beschädigten Durchblutung kann auch zum Absterben von Gewebe führen, was für die Genesung von Verletzungen nicht förderlich ist. Es gibt zahlreiche Rehabilitationstechniken, die den Patient*innen das Atmen erleichtern, aber eine der besten Möglichkeiten ist, sich zu bewegen. Das fördert auch die psychische Gesundheit, was sich wiederum positiv auf die Genesung auswirken kann.