Co-Preisträger Friedensnobelpreis

Versorgung von Verletzten hängt immer mehr von Freiwilligen ab

Nothilfe Vorsorge und Gesundheit
Ukraine

Die Versorgung von Brandopfern und Verletzten mit Amputationen wird täglich schwieriger. Die Hilfsorganisation Handicap International (HI) weist darauf hin, dass sich immer mehr Freiwillige, darunter auch Studierende, um die Verletzten kümmern. Außerdem verschlechtert sich die Situation von Älteren oder Menschen mit Behinderung vor allem im Osten der Ukraine dramatisch.

Ein Mann und eine Frau, beide mit Bandagen im Gesicht stehen in einem zerbombten Wohngebiet in Kiew.

Eine Rakete traf dieses Wohngebiet von Kiew. Ein Kind wurde getötet und 23 Menschen wurden verletzt. Dieser Mann und seine Mutter lebten in dem betroffenen Wohngebiet | © V. de Viguerie / HI

Angesichts der gewalttätigen Kämpfe in der Ukraine nimmt die Anzahl an Brandopfern und Schwerverletzten mit Amputationen im ganzen Land zu. Spezialkräfte von HI schulen deshalb beispielsweise in einem Krankenhaus in Lwiw Therapeut*innen sowie Studierende der Physio- und Ergotherapie in speziellen Behandlungsmethoden.

"Es besteht ein großer Bedarf an mehr Rehabilitationspersonal in den Krankenhäusern", sagt Virginie Duclos, HI-Reha-Nothilfeexpertin. "Von der Behandlung bis zur Versorgung hängt fast alles vom Einsatz der Freiwilligen ab", berichtet Duclos aus Lwiw.

Die Schulungen konzentrieren sich auf die Behandlung von Verbrennungen und postoperativen Amputationen, da beide eine spezialisierte Pflege erfordern, um die Heilung zu fördern und langfristige Funktionsstörungen zu verhindern.

Auf der Flucht ohne Rollstuhl oder Gehhilfen

Im umkämpften Osten des Landes unterstützt Handicap International Einrichtungen oder Sammelzentren in unterirdischen Unterkünften oder Metrostationen, in denen Vertriebene untergebracht sind. 

"In Dnipro wurden in einem Zentrum ältere Menschen und Menschen mit Behinderung untergebracht, die fliehen mussten", sagt Fanny Mraz, Leiterin der HI-Nothilfe in der Ukraine. "Die Menschen sind durch die Bombardierungen traumatisiert. Sie mussten ihre Häuser in aller Eile verlassen, ihr Hab und Gut und ihre Gehhilfen zurücklassen. Eine ältere Frau aus der Region Donezk konnte ihren Rollstuhl nicht mitnehmen, weil die Person, die sie brachte, Geld für dessen Transport verlangte, was sie sich nicht leisten konnte. Sie bewegt sich jetzt nur noch mühsam mit zwei alten Stöcken fort.“

Sowohl die Bewohner als auch das Personal brauchen Unterstützung

"Die Leiterin der Organisation, die das Zentrum betreibt, ist erschöpft und zeigt erste Anzeichen von psychischen Problemen, angesichts des Zustandes der ankommenden Menschen", sagt Fanny Mraz. "Die größten Sorgen bereiten im Moment die Themen Mobilität und Hygienemanagement. Die Leiterin würde gerne einige einfache Renovierungsarbeiten durchführen, um die Barrierefreiheit zu verbessern, aber sie kann die Kosten dafür nicht aufbringen“, berichtet Mraz.

In der vergangenen Woche hat HI 130 Hygiene- und Mobilitätshilfen, darunter Rollstühle, Rollatoren, Gehstöcke, Krücken, Toilettenstühle und Bettpfannen, an drei Einrichtungen und zwei Gemeinschaftszentren in Dnipro und Charkiw gespendet. Die Menschen können die Hilfsmittel mitnehmen, sollten sie die Einrichtung verlassen. Die Teams von Handicap International werden die Zentren bei Bedarf weiterhin mit Hilfsmitteln ausstatten. 

Auch in Deutschland unterstützen wir ukrainische Geflüchtete mit Behinderung und informieren über ihre Rechtsansprüche und Leistungszugänge“ (www.hi-deutschland-projekte.de/crossroads/flucht-aus-der-ukraine).

20 April 2022
Einsatz weltweit:
Helfen
Sie mit

Lesen sie weiter

Gaza: Psychische Hilfe inmitten der Trümmer
© K. Nateel / HI
Nothilfe

Gaza: Psychische Hilfe inmitten der Trümmer

Mitten in der Zerstörung Gazas leiden die Menschen nicht nur unter den sichtbaren Verwüstungen, sondern auch unter der psychischen Katastrophe. Traumatisierte Kinder, verzweifelte Familien – der Krieg hinterlässt tiefe Wunden. Nina Schöler, 30, arbeitet mit ihrem Team in Gaza, um die psychischen Folgen des Krieges wie Ängste, Panik, emotionale Taubheit oder Schlaflosigkeit einzudämmen.

Ukraine: „Ich hatte keine Medikamente für meine herzkranke Tochter.“
© A. Telytsia / HI

Ukraine: „Ich hatte keine Medikamente für meine herzkranke Tochter.“

Als der Krieg ihre Heimat Mariupol erreicht, muss Antonina alles zurücklassen – und um das Leben ihrer Tochter bangen. Für die kleine herzkranke Varvara ist die Flucht bei eisigen Temperaturen besonders schwierig. Sie braucht Medikamente und medizinische Versorgung, die es plötzlich nirgends mehr gibt.

Ukraine: "Ich fühle mich wie in einem Gefängnis"
© M.Monier / HI 2024
Nothilfe

Ukraine: "Ich fühle mich wie in einem Gefängnis"

Anatoly und seine Frau Tatyana haben durch den Krieg in der Ukraine alles verloren. Eine Rakete zerstörte ihr Zuhause und verletzte Anatolys Beine so schwer, dass sie amputiert werden mussten. Heute lebt er isoliert in einer kleinen Wohnung und ist vollständig auf die Pflege seiner Frau angewiesen. Doch dank der finanziellen Hilfe von Handicap International (HI) schöpfen sie neue Hoffnung.