HI-Bericht zum Weltkindertag
32 Millionen Kinder mit Behinderung in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen sind nicht in der Schule eingeschrieben. Knapp die Hälfte der Mädchen und Jungen mit Behinderung beenden die Grundschule nicht. Viele Schulen sind nicht barrierefrei zugänglich. Es gibt kein passendes Lehrmaterial und Lehrer*innen sind nicht speziell ausgebildet. Darüber hinaus werden viele Kinder mit Behinderung von ihren Eltern nicht in die Schule geschickt. Weltweit gibt es viele Vorurteile – Millionen Kinder mit Behinderung werden diskriminiert. Auf diese Situation macht die gemeinnützige Hilfsorganisation Handicap International (HI) mit einem Bericht aufmerksam, der am 20. November 2020 anlässlich des internationalen Weltkindertages veröffentlicht wurde. Die Untersuchungen und Erfahrungen von HI zeigen, dass nur, wenn Behörden, Zivilgesellschaft und Familien sektorübergreifend partnerschaftlich zusammenarbeiten, Barrieren wirksam abgebaut werden können.
Emmanuel als Ruanda hat eine zerebrale Lähmung. Dank seinem Rollstuhl von HI kann er die Schule besuchen. | © Neil Thomas/HI
HI fordert Zugang zu Bildung für alle Kinder
Handicap International fordert mehr Zugang und Investitionen in die inklusive Bildung und die bessere Koordinierung der Bereiche Gesundheit, Wohlfahrt, Kinderschutz und Transport. Schließlich lege das Problem oftmals nicht nur in den Schulen, so der Bericht, sondern vielmehr in der mangelnden Zusammenarbeit aller Beteiligten. Nur wenn Ministerien, Sozialarbeiter*innen, Schulen, Eltern und die lokalen Gemeinden zusammen helfen, kann die Ausgrenzung wirksam bekämpft werden. So wie bei Amie aus Sierra Leone. Seit Geburt kann das lebhafte Mädchen ihre Hände und Beine nicht komplett steuern. Sie geht in eine der inklusiven Modellschulen des Landes und wird von einem ausgebildeten Pädagogen regelmäßig unterstützt. Dabei werden auch die Eltern, Lehrer und die lokalen Behörden mit in den individuellen Entwicklungsplan einbezogen.
Fortbildung der Lehrer*innen: Kleine Schritte mit großer Wirkung
Valentina Pomatto, Inklusionsspezialistin bei HI, erläutert, wie Kindern mit Hör- oder Sehbeeinträchtigungen geholfen werden kann:
„Wir informieren Lehrerinnen und Lehrer über die besonderen Bedürfnisse von Kindern mit Behinderung. So sollten die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel vorne in der Klasse sitzen, damit sie besser hören können, was der Lehrer sagt. Sie sollten die Kinder auch Gegenstände - Kreide, Schiefertafel, Taschen, Stifte usw. - berühren lassen, um besser zu verstehen, was um sie herum vor sich geht. Da Kinder mit Hörbehinderungen Lippen lesen, um Informationen zu verstehen und zu verarbeiten, raten wir Lehrern, niemals mit dem Rücken zu den Schülern zu sprechen."
Pomatto erklärt weiter, dass die Teams vor Ort Kinder mit Hörbehinderung in Gebärdensprache unterrichten und sehbehinderte Kinder in den Braille-Code einführen.
Kinder sind viel inklusiver als Erwachsene
Im Jahr 2020 hat Handicap International 52 Projekte in 27 Ländern in West-, Zentral-, Nord- und Ostafrika, im Nahen Osten und in Asien durchgeführt. HI hat mehr als 15 Jahre Erfahrung mit inklusiver Bildung. Die tägliche Arbeit der HI-Teams zeigt, dass Erwachsene diejenigen sind, die oftmals Vorurteile gegenüber den Kindern mit Behinderung haben. Die Kinder kommen dagegen sehr gut miteinander aus.
Corona erschwert die Situation für Kinder mit Behinderung
Darüber hinaus weist HI darauf hin, dass sich während der Corona-Pandemie die Situation noch verschlechtert hat, da viele Schulen geschlossen sind und somit auch die oft einzige Mahlzeit für viele Kinder wegfällt. Zudem ist der virtuelle Schulunterricht, der in manchen Ländern über Radiosender oder Youtube angeboten wird, oftmals nicht barrierefrei und von vielen Kindern mit Seh- oder Hörbeeinträchtigungen nicht nutzbar.