Anhaltende Hungersnot in Madagaskar
Die Ernährungskrise in Madagaskar verschlimmert sich immer weiter. Handicap International (HI) benutzt Stimulationstherapie und Nahrungsmittel, um langfristige Behinderungen zu verhindern. Unser Projekt unterstützt knapp 115.000 Menschen.
Eine Mutter und ihre Kinder werden von HI in Tana, Madagaskar, betreut. | ©S. Bonnet / HI
Der Süden Madagaskars hat mit der schlimmsten Dürre seit 40 Jahren zu kämpfen und Menschen leiden dort weiterhin unter den Folgen von Hunger und Unterernährung. Jahrelange unzureichende Regenfälle und die Auswirkungen des Klimawandels haben das Land verwüstet und die landwirtschaftliche Produktion, von der ein Großteil der Bevölkerung abhängt, zerstört. Heute sind mehr als 1,35 Millionen Menschen der Region Atsimo Andrefana von der akuten Lebensmittelknappheit betroffen und erleben ein gefährliches Ausmaß an Hunger. Die Sterberaten steigen rapide an und die lokalen Gesundheits- und Sozialdienste sind überfordert. Gleichzeitig verschlimmert die Corona-Pandemie das Leiden der Bevölkerung noch.
Emilie Sauvanet, HI-Projektleiterin in Madagaskar:
„Der Zugang zu Nahrungsmitteln ist für viele Familien zu einer echten Herausforderung geworden. In diesem ohnehin schon sehr schwierigen Kontext wird die Situation für Menschen mit Behinderung noch weiter verschärft. Sie erleben Diskriminierung und Ungleichheiten, schlechten Zugang zu Trinkwasser und sanitären Einrichtungen, Schwierigkeiten, sich fortzubewegen, und vor allem mangelnde Rücksichtnahme auf ihre spezifischen Bedürfnisse. Wie in jeder Krisensituation sind Menschen mit Behinderung, Kinder und Frauen am meisten betroffen."
Risiken der Unterernährung
Nach Angaben unserer Teams benötigen bereits über 800 Kinder in dieser Region dringend Nahrung und Physiotherapie für ein normales Wachstum und eine normale Entwicklung. Unsere Physiotherapeut*innen setzen frühkindliche Stimulationstherapie und Physiotherapie ein, um Kindern mit schwerer akuter Unterernährung (Severe Acute Malnutrition, SAM) eine normale Gewichtszunahme und kognitive Entwicklung zu ermöglichen. Dabei handelt es sich um individuelle Therapiesitzungen, die von geschulten Fachkräften durchgeführt werden und bei denen die Kinder durch interaktives Spielen Fähigkeiten erwerben. Die Techniken werden auch den Eltern vermittelt, damit sie die Therapie zu Hause fortsetzen können. Das Projekt kommt knappt 115.000 Menschen zugute.
Die zunehmende Unter- und Mangelernährung bei Kindern unter 5 Jahren birgt ein erhöhtes Risiko für Wachstumsverzögerungen oder langfristige Behinderungen. Schwere akute Unterernährung betrifft weltweit etwa 20 Millionen Kinder und ist die Ursache für schätzungsweise 400.000 Kindstode pro Jahr. In Madagaskar ist bereits fast die Hälfte aller Kinder unter 5 Jahren von SAM betroffen. Die Unterernährung kann zu Schwierigkeiten bei der Entwicklung motorischer Fähigkeiten wie Krabbeln, Sitzen und Greifen führen oder zu Hypotonie, einer Störung, die die Steuerung der motorischen Nerven durch das Gehirn beeinträchtigt. Ohne richtige Behandlung verfestigen sich diese Entwicklungsverzögerungen und führen zu lebenslangen Behinderungen.