Ukraine: "Ich fühle mich wie in einem Gefängnis"
Anatoly und seine Frau Tatyana haben durch den Krieg in der Ukraine alles verloren. Eine Rakete zerstörte ihr Zuhause und verletzte Anatolys Beine so schwer, dass sie amputiert werden mussten. Heute lebt er isoliert in einer kleinen Wohnung und ist vollständig auf die Pflege seiner Frau angewiesen. Doch dank der finanziellen Hilfe von Handicap International (HI) schöpfen sie neue Hoffnung.
Anatoly und Tatyana lächeln tapfer. Handicap International unterstützt beide, um ihr Leben trotz schwerer Verluste neu zu gestalten. | © M.Monier / HI 2024
Eine Rakete, die alles zerstörte
Anatoly, ein früherer Geschäftsmann, wollte mit seiner Frau Tatyana den Ruhestand genießen– irgendwann, wenn der Krieg vorbei ist. Doch am 19. April 2024 zerstörte eine Rakete, die in den Hof ihres Wohnhauses einschlug, diesen Traum. Die Druckwelle warf ihn zu Boden, seine Beine wurden schwer verletzt. Die Sanitäter taten ihr Bestes, aber viele Menschen wurden getroffen. Drei starben sofort, mehr als zwölf wurden verletzt. Anatoly und Tatyana wurden evakuiert und alles zurücklassen – ihre Wohnung, ihre Erinnerungen, ihr bisheriges Leben.
Anatolys Beine mussten amputiert werden
Die Verletzungen waren schwer. Nach langen, teuren Behandlungen verschlechterte sich Anatolys Zustand weiter. Die Explosion hatte seine Blutgefäße zerstört, und die Wunden infizierten sich. Ihm mussten beide Beine amputiert werden.
Von einem Tag auf den anderen konnte er nichts mehr allein machen. Anatoly fühlt sich, als wäre er in einem Gefängnis eingesperrt:
„Ich kann nicht mehr arbeiten, nicht mehr für meine Familie sorgen. Jetzt liege ich die meiste Zeit in einem kleinen Bett. Meine Frau kümmert sich rund um die Uhr um mich. Ich sehe, wie sehr sie das belastet. Früher waren wir ein aktives Paar. Heute bin ich völlig auf sie angewiesen.“
Im 9. Stock ohne Schutz vor den Bomben
Hete leben beide mit Anatolys Mutter und Schwiegermutter in einer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung im neunten Stock. Der Aufzug funktioniert selten, doch sein Rollstuhl passt ohnehin nicht hinein. Er ist gefangen in dieser Wohnung und hat keinen Zugang zu einem Bombenschutzraum bei neuen Angriffen. Sie hätten gerne eine größere Wohnung im Erdgeschoss, aber Menschen mit Behinderungen werden oft stigmatisiert. Niemand möchte an sie vermieten.
Unterstützung von Handicap International
Heute versucht Anatoly, sich offiziell als Mensch mit Behinderung registrieren zu lassen – ein aufwendiger und kostspieliger Prozess. Handicap International hat ihnen deshalb finanzielle Unterstützung zukommen lassen. Anatoly hofft, auch bald Prothesen tragen zu können.
„Wir sind sehr dankbar für die Hilfe, die wir bekommen. In einer Zeit, in der so vieles hoffnungslos erscheint, ist diese Unterstützung für uns sehr wertvoll. Sie erinnert uns daran, dass wir nicht allein sind.“
Dank der Unterstützung des Bureau for Humanitarian Assistance (BHA) und des Auswärtigen Amtes, Anatoly hat finanzielle Hilfe von Handicap International erhalten. Diese Hilfe richtet sich an Menschen, die vom Konflikt am betroffen sind.
Das Auswärtige Amt unterstützt humanitäre Hilfsprojekte in der Ukraine.