Co-Preisträger Friedensnobelpreis

Behandlung von Unterernährung in Ostafrika: Lebensrettende Physiotherapie in der Hungersnot

Nothilfe
Äthiopien Somalia (Somaliland) Südsudan

820.000 Kinder im Südsudan, in Somalia, Uganda und Äthiopien werden im Jahr 2017 voraussichtlich an schwerer akuter Unterernährung leiden. Die bahnbrechenden Behandlungsmethoden von Handicap International werden helfen, dass sie sich erholen und gedeihen.

Ein Physiotherapeut und die Mutter eines kleinen Jungen machen gemeinsam spielerische Übungen zur Stärkung des Jungen

Archivbild: Physiotherapie mit unterernährten Kindern in Kinshasa, 2013 | © Johanna de Tessières / Handicap International

Schwere akute Unterernährung

Wenn ein Kind schwer unterernährt ist, kann man sehen, wie sein Körper schwächer wird. Diese Kinder haben dünne Gliedmaßen, schlaffe Haut, eine niedrige Körpertemperatur und Blähungen, die durch die Beibehaltung von Wasser verursacht werden. Ihr Immunsystem ist nicht in der Lage, Infektionen zu bekämpfen. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass sie an Lungenentzündungen, Malaria, Masern und Durchfallerkrankungen sterben, neun Mal so hoch ist.

Kinder unter fünf Jahren, die eine schwere akute Unterernährung überleben, erleiden schwere Traumata, während sie normalerweise in dieser Zeit ihre grundlegenden physischen und intellektuellen Fähigkeiten entwickeln würden. Anstatt zu lernen, zu sitzen, zu krabbeln, zu beobachten und Probleme zu lösen, benötigen ihre Körper ihre gesamte Energie für das schlichte Überleben.

Wenn ihr Leid andauert, ist es wahrscheinlich, dass diese Kinder Entwicklungsverzögerungen aufweisen sowie in schweren Fällen bleibende Behinderungen davontragen.

Als Folge der Ernährungskrise, die derzeit die Region betrifft, werden schätzungsweise mindestens 820.000 Kinder im Südsudan, in Somalia, Uganda und Äthiopien im Jahr 2017 einen kritischen Zustand schwerer Mangelernährung erreichen - und viele weitere sind gefährdet.

Überleben und Widerstandsfähigkeit

Handicap International arbeitet schon seit vielen Jahren mit unterernährten Kindern. Unsere Fachleute für Rehabilitation haben bewährte Methoden einer anregenden Physiotherapie entwickelt, die gemeinsam mit einer Notfallernährung, der Rehydratation und einer medizinischen Grundversorgung wirken, um den Kindern die besten Überlebenschancen zu geben und ihre zukünftige Lebensqualität zu verbessern.

Die Spezialistin von Handicap International Rozenn Botokro hat bei der Entwicklung dieser Methoden mitgeholfen und erklärt:

„Zunächst scheint Physiotherapie kein dringendes Bedürfnis in solch einer schrecklichen Situation zu sein, aber der Körper eines Kindes mit einem solchen Niveau an Unterernährung ist schwer beschädigt. Wir müssen die Kinder dazu bringen, sich wieder zu bewegen, nachzudenken und zu spielen, sonst werden sie sich nicht vollständig erholen und könnten erneut an Unterernährung erkranken. Einfach nur Kalorien und Nährstoffe zur Verfügung zu stellen ist nicht genug; nur eine physische, anregende Therapie kann den Teufelskreis durchbrechen.“

Unsere Teams konzentrieren sich auch darauf, ein unterstützendes Netzwerk rund um ein unterernährtes Kind aufzubauen. Dies geschieht zum Beispiel, indem wir die Familien der Kinder, die sich gerade erholen, miteinbeziehen. Denn interaktives Spielen, Übungen und grundlegende Physiotherapie, die von den Eltern oder Betreuenden angeleitet werden, haben nachweislich zu einem besseren Wachstum und zur besseren Entwicklung der motorischen Fähigkeiten geführt. Diese Verfahrensweise stellt nicht nur sicher, dass die Kinder überleben, sondern auch, dass sie zu einem vollwertigen, gesunden Leben heranwachsen können.

Gezielte Reaktion

Als Reaktion auf den alarmierenden Anstieg der Fälle schwerer akuter Unterernährung in Ostafrika beginnen wir neue Programme mit unserer anregenden Physiotherapie in Äthiopien und führen Bedarfsermittlungen in Somaliland und Uganda durch. Diese Programme werden zusätzlich zu den bestehenden Nothilfeaktivitäten der anderen Partner im Gesundheitsbereich durchgeführt.

Die Programme zielen in erster Linie auf die vertriebene Bevölkerung ab, wo der Anteil ankommender Kinder mit schwerer akuter Unterernährung besonders hoch ist.

 

 

26 April 2017
Einsatz weltweit:
Helfen
Sie mit

Lesen sie weiter

Myanmar nach dem Erdbeben: Eine Überlebende erzählt
© HI 2025
Nothilfe

Myanmar nach dem Erdbeben: Eine Überlebende erzählt

Nach dem heftigen Beben in Myanmar sind Tausende obdachlos und in improvisierten Notunterkünften untergekommen. Die Bedingungen sind äußerst prekär und die Menschen sind weiterhin dringend auf Hilfe angewiesen. Die mobilen Teams von Handicap International (HI) unterstützen gezielt Verletzte und Ältere. Eine von ihnen berichtet von ihren schlimmen Erlebnissen während und nach dem Erdbeben.

Myanmar: HI-Nothilfe-Team im Einsatz
© HI
Nothilfe

Myanmar: HI-Nothilfe-Team im Einsatz

Die Lage in Myanmar nach dem verheerenden Erdbeben vom 28. März ist erschütternd. Die Krankenhäuser sind überfüllt. Es gibt schlimme Verletzungen wie Amputationen und komplexe Brüche. Handicap International versorgt die Opfer mit Notfall-Reha, verteilt Rollstühle, Zelte sowie Decken und unterstützt das Krankenhaus in Mandalay.

Nach dem Erdbeben: Myanmars Helfer unter Druck
© HI
Nothilfe

Nach dem Erdbeben: Myanmars Helfer unter Druck

Nach dem katastrophalen Erdbeben in Myanmar berichtet ein Mitarbeiter unserer Partner-Organisationen für Rettungseinsätze, wie traumatisch die Situation auch für Helfer ist. Viele sind verzweifelt und erschöpft angesichts der Tragödie. Handicap International unterstützt sie mit psychologischer Hilfe.